Content warnings / Problematische Spielinhalte …

In der internationalen Szene verwendet man die Begriffe “content warning” sowie “trigger warning“, um Spieler*innen auf eventuell problematische Spielinhalte hinzuweisen. Im Unterschied zur “content declaration“, wo Hauptspielinhalte aufgezählt werden, sind diese als Warnung gedacht. Content Warnings begegnen einem entweder vor dem Spiel, in der Ausschreibung, dem Anmeldeformular und dem Charakterbogen, oder während dem Spiel, in den verschiedensten Formen. In diesem Blogeintrag werden alle Formen kurz präsentiert, gefolgt von Erfahungsberichten und natürlich einer Sammlung solcher problematischer Spielinhalte.

… auf der Homepage

Im besten Fall können und sollten diese Content Warnings, zusätzlich zu den generellen Spielinhalten, schon in der Ausschreibung oder bei Charakterkurzinfos auf der Webseite eines Larps erwähnt werden, damit die Spieler*innen schnell einschätzen können, ob das Spiel das richtige für sie ist.

Die beiden Beispiele sind von The Night in Question und S.T.A.Y.

Neben jenen Inhalten, die Teil des Spiels sind, wird auch immer öfter auf jene hingewiesen, die nicht erlaubt oder toleriert werden, den sogenannten “content restrictions“.

Dieses Beispiel stammt von Sanguinus.

… am Spiel

Ebenfalls kommen uns diese Warnungen während des Spiels unter, sei es nun eine Orga, die uns vor dem Betreten des Dungeons flüstert, dass es nun eng und dunkel wird oder einem Schild vor einem Raum, dass einem noch einmal verdeutlicht, dass man nun die Folterkammer betritt und was einen dort erwartet. Immer häufiger werden neben der klassischen Vorab-Absprache auch Sicherheitsmaßnahmen, wie der OK-Check oder andere Gesten eingesetzt.

Aber auch optische und etwas subtilere Signale, wie Bänder am Arm oder spezielle Pinnadeln mit Farben oder Symbolen werden verwendet, um dem Gegenüber zu signalisieren, was man bereit ist zu spielen, oder eben nicht. Der große Vorteil ist, dass man sich so nicht pauschal für ein ganzes Spiel vorab festlegen muss, sondern diese situationsabhängig rauf- und runtergeben kann, je nachdem wie sicher man sich gerade fühlt. Es empfiehlt sich wohl ein eingeschränkter Einsatz solcher Farbencodes, damit man sie sich noch gut merken kann.

… im Anmeldebogen

Angefangen hat meine Auseinandersetzung mit dem Thema, als ich in meinen Larpanfangszeiten neben der Frage nach “realen Ängsten/Phoebien” über folgende Frage in einem Anmeldebogen gestolpert bin:
“Welche Spielinhalte möchtest du nicht darstellen, oder welche sollten nicht Teil des Charakterhintergrunds sein?”
“Ja, was gibt es denn da alles? Wie wird denn Gewalt und Sex angedeutet oder ausgespielt?”– Über all das und vieles mehr wurde damals wenig gesprochen und es gab keinen nationalen Standard, aber glücklicherweise werden diese Themen jetzt immer relevanter und wir haben nun auch die Begriffe, um darüber zu reden.

Nachdem es bei mir in Folge einige unglückliche Spielmomente brauchte um herauszufinden, was denn solche unangenehmen Spielinhalte sein könnten, wollte ich es bei unserem ersten gescripteten Aubi-Orga Larp (Verflucht noch mal- ein Spiel im Witcher Universum- 2019) besser machen und vor allem Neulingen ein bisschen besser entgegenkommen.

Gerade die Welt von Witcher wird oft als dreckiges low fantasy beschrieben, weshalb es hier doch einige problematische Themen geben kann.

Anstelle eines leeren Feldes, haben wir eine Liste von für das Spiel relevante Themen angeführt (siehe Abb.).

Mit dem oben angeführten Disclaimer “Sie können trotzdem am Spiel vorkommen und von anderen dargestellt werden“, wollten wir signalisieren, dass diese Themen aber generell bespielt werden und wir sie nur nicht dezidiert in die Charaktervorgeschichte schreiben oder den Charakter in so einen Plot verwickeln werden. Das heißt aber nicht, dass man in diese Richtung nicht angespielt werden kann, oder solche Szenen nie beobachten wird können.

Unbedingt sollte man bedenken, dass es sich hier um sensible Daten handelt und manche könnten dies als “outen” sehen, weshalb man als Orga klar kommunizieren muss, wer diese Daten sieht, und was mit ihnen nachher passiert.

Erfahrungen der Aubi-Orga

Wir konnten unmittelbar zwei Phänomene beobachten:

  1. Spieler*innen kreuzen bei einer Liste tendenziell mehr an, als wenn man ihnen ein leeres Feld gibt.
  2. Manche Spieler*innen brechen die Anmeldung zu diesem Zeitpunkt ab.

Beides könnte zunächst als Nachteil gesehen werden, aber ich möchte hier anführen wieso es eigentlich sogar ein Vorteil für alle Beteiligten ist:
Besser Spieler*innen kreuzen zu viel an, oder werden sich an diesem Punkt ihrer Grenzen bewusst, und melden sich vielleicht erst gar nicht an, als, dass sie nachher unglücklich oder im schlimmsten Fall getriggert oder sogar traumatisiert sind. Außerdem kann man, wie in unserem Fall, wenn die Charaktere noch nicht geschrieben sind, sein Spieldesign noch ein wenig ändern. Bei uns hieß das, ein weniger heftiges Larp zu machen, weil unsere Zielgruppe das wünschte. Man kann aber auch als Orga vorab das Gespräch suchen, wenn eine Person sehr viel angekreuzt hat und fragen, ob sie denn glaube, dass sie sich wohl fühlen wird auf dem Spiel, vor allem wenn betont wird, dass die allermeisten Inhalte dennoch vorkommen werden.

Es ist also eine win-win Situation für alle Beteiligten, wenn dies ehrlich und transparent kommuniziert wird.

Eine Liste möglicher problematischer Spielinhalte

Ich habe diese Liste immer wieder erweitert nach Diskussionen mit anderen in der Facebook Gruppe “Larp-Orgas Österreich”, sowie nach der Präsentation des Themas beim Larpblick 2021 und larp:machen.

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll jeglich als Anregung dienen. Je nach Thema kann es Sinn machen Begriffe genauer zu definieren, oder ganz wegzulassen, denn es geht eine Orga nichts an, ob jemand spezielle Ängste hat oder Suizid nicht im Charakterhintergrund haben möchte, wenn diese nicht relevant sind oder bespielt werden.

Andere Ausschreibung können auch als gute Beispiele dienen, wie zum Beispiel jene weiter oben. Dort wird auch noch mehr auf strukturelle Warnungen wie Blut, blinkende Lichter oder laute Geräusche eingegangen.

How to…

Zum Schluss möchte ich einige Tipps zusammenfassen:

  • Zentrale und eventuell problematische Spielinhalte bereits in der Ausschreibung erwähnen, um die Zielgruppe besser zu erreichen.
  • Auch was sicher nicht bespielt wird, oder sogar verboten ist, gehört in die Ausschreibung.
  • Nur die wichtigsten Daten erheben und klar kommunizieren, wer diese Daten sieht, bzw. was mit ihnen am Ende passiert (sie gehören gelöscht).
  • Das Ankreuzen bietet mehr Möglichkeiten, und ist anfängerfreundlicher.

Ja, aber was wenn…

Man kann Spieler*innen nicht vor allem beschützen, das wäre eine Illusion. Es kann vorkommen, dass ich erst nach einem Spiel herausfinde, dass ich etwas nicht darstellen kann, oder möchte, aber auch umgekehrt, kann ich vielleicht lernen, dass es für mich, in einer von mir subjektiv als sicher wahrgenommenen Situation, möglich ist und ich auch meine eigenen Grenzen etwas teste.

Oftmals reicht eine Auseinandersetzung mit dem Thema und ein erstes sich-bewusst-machen schon für den Anfang.

Ich freue mich auf eure Erfahrungsberichte, oder wenn ihr Anmerkungen zur Liste habt, immer her damit.

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