Scarbantia liegt in pannonia superior (Oberpannonien), an der Stelle des heutigen Ödenburg/Sopron (Ungarn). Die Römer eroberten das Gebiet bis 9 v. Chr. von den Kelten und machten es 9 n. Chr. nach der Niederschlagung eines Aufstandes zur Provinz. An der bedeutenden Bernsteinstraße, die von der Ostsee kommend bei Carnuntum (Petronell, Niederösterreich) die Donau überquerte und um die Alpen herum nach Aquileia (bei Grado, Italien) an die Adria führte wurde die Stadt von Kaiser Tiberius gegründet. Domitian machte sie über 50 Jahre später zur Stadt, zum municipium flavium. Scarbantia wuchs und bekam bedeutende Bauten, jedoch keine Stadtmauer.
Die lange Friedensperiode im Imperium des 2. und beginnenden 3. Jh. n. Chr. sowie stetige Solderhöhungen der am limes (befestigte Grenze) stationierten Legionäre hatten Pannonien und anderen Grenzprovinzen zunächst einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung beschert. Dadurch wurde das Wohlstandsgefälle zu den germanischen Nachbarn nördlich der Donau erheblich verschärft und weckte jenseits der Grenzen große Begehrlichkeiten. Der nur einen Tagesmarsch nördlich von Scarbantia liegende limes schützte das Reich zwar vor seinen Feinden, hat jedoch auch das stetige Fortschreiten einer existenzbedrohenden Entwicklung verborgen. Im Reich interessierte man sich nur noch wenig dafür, was in den germanischen Stammesgebieten jenseits von Rhein und Donau vorging, da es dort kaum etwas zu holen gab, was der Mühe wert war. Man war froh, sich nicht mehr mit den unkultivierten „Wilden“ befassen zu müssen als nötig.
Doch im barbaricum hatte man – auch mit Hilfe des Imperiums – inzwischen große Fortschritte gemacht. Diejenigen Krieger, die in der römischen Armee gedient hatten und wieder in ihre Heimatregionen zurückkehrten, gaben ihr waffentechnisches und militärstrategisches Wissen an ihre Stammesgenossen weiter. Mit ihnen strömte auch ein dort bislang nie gekannter Reichtum in Form von Geld, als Sold, für gelieferte Waren, Raubgut und Geschenken in die Stammesterritorien. Dies fachte das Verlangen nach immer neuen Gütern aus Rom bei den Germanen nur noch weiter an.
1. Jh. v. Chr.
Die keltischen (illyrischen) Stämme Pannoniens werden von römischen Schriftstellern als Räuber und Diebe bezeichnet.
12-9 v. Chr.
Der spätere Kaiser Tiberius unterwirft die durch Kriege geschwächten Stämme Pannoniens.
6-9 n. Chr.
Der pannonische Aufstand wird von Tiberius mit Mühe niedergeschlagen, eine Provinz unter Militärverwaltung wird eingerichtet.
ca. 50 n. Chr.
Ausbau der Bernsteinstraße durch Pannonien nach Norden zum Donaulimes (Carnuntum), von dort weiter zur Ostsee. Aufschwung der neu gegründeten Städte der Provinz, u.a. Scarbantia.
2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr.
Kaiser Domitian erhebt Scarbantia zum Municipium, also zur römischen Landstadt. Der Donaulimes wird nach heftigen Niederlagen gegen die Jazygen durchgehend befestigt.
103 n. Chr.
Pannonien wird in Oberpannonien (superior) und Niederpannonien (inferior) zweigeteilt. Scarbantia liegt in ersterem.
171 n. Chr.
Im Zuge der Markomannenkriege wird das pannonische Grenzland und Scarbantia verwüstet.
205 n. Chr.
Cassius Dio beschreibt die mittlerweile vollständig romanisierten Pannonier als tapfere, aber jähzornige Menschen. Zeit der wirtschaftlichen Blüte.
212 n. Chr.
Caracalla verleiht allen Bewohnern des Reiches das römische Bürgerrecht.
Der Limes wurde – spätestens seit Caracalla allen Reichsbewohner das Bürgerrecht verlieh (212 n. Chr.) – zu einem Selbstverständnis des Imperiums, einem starken Symbol einer festen Grenze und zeigte auf, wie fremd und unheimlich die Länder dahinter den Römern in der Zwischenzeit geworden waren. Wer diesseits des Limes wohnte war ein Römer, dahinter gab es nur Barbaren.
In den Markomannenkriegen (166-180 n. Chr.) hatte sich besonders der Limesabschnitt an der mittleren und unteren Donau als besonders gefährdet erwiesen. Durchziehende Markomannen (ein germanischer Stamm) hatten Scarbantia große Verluste bereitet und läuteten den Beginn des Niederganges der Stadt ein, die nun auch zusehends durch die Ankunft der Goten (ebenfalls Germanen) an der Peripherie des Reiches bedroht wurde. Damit nicht genug, putschte sich im Partherreich (Iran) 224 n. Chr. eine neue Dynastie, die persischen Sassaniden, an die Macht. Ihre Herrscher erhoben bald Besitzansprüche auf die meisten römischen Ostprovinzen, was verlustreiche Kriege heraufbeschwören sollte. Das straff organisierte Sassanidenreich war den Römern in vielen Belangen militärisch ebenbürtig und verfolgte eine aggressive Westpolitik. Bereits 231 n. Chr. überrannten persische Armeen erstmals die römischen Garnisonen in Mesopotamien (Irak) und drangen zeitweilig bis nach Kappadokien (Türkei) vor. Als daraufhin das Gros der Grenzsoldaten im Norden zum Kampf gegen die stetig vorrückenden Perser im Osten abgezogen werden musste, entging das auch den Germanen nicht. Die nahezu schutzlosen Grenzen in Germanien, Rätien (Schweiz) und Dakien (Rumänien) gerieten augenblicklich in den Fokus der dort ansässigen Barbarenstämme. Als die Alemannen 233 n. Chr. den Limes am Oberrhein und Donau überschritten stand ihnen das ganze obergermanische und rätische (schweizer) Hinterland zur ungehinderten Plünderung offen, denn zu ihrer Verwunderung fanden sie am Limes größtenteils nur schwach besetzte oder sogar leere Kastelle vor. Auch an den anderen Limesabschnitten eskalierten die Konflikte: Sarmaten, Goten, Carpen und Gepiden bedrohten nun die unteren Donauprovinzen (Ungarn, Rumänien).
Drei gleichzeitig aufflammende und noch dazu weit auseinanderliegende Krisenherde überforderten die militärischen Möglichkeiten der römischen Armee. Die Katastrophe von 233 n. Chr. scheint die Provinzbevölkerung am Limes völlig unvorbereitet getroffen zu haben. Der Kaiser Severus Alexander sah sich gezwungen, den Perserfeldzug zu äußerst ungünstigen Friedensbedingungen abzubrechen (der Perserkönig Schapur I. sah die Römer daraufhin als Tributpflichtig an) und mit seinem Heer rasch zurück in den Norden zu marschieren. Er griff die Alemannen jedoch nicht an, sondern setzte stattdessen auf Verhandlungen, um durch Zahlungen an die mit Rom verbündeten Fürsten ohne einen kostspieligen Krieg wieder Ruhe und Ordnung herzustellen. Seine darüber über alle Maßen empörten Soldaten, von denen viele aus den Kastellen an Rhein und Donau kamen und deswegen nach Rache dürsteten, erschlugen daher 235 n. Chr. den letzten Kaiser der severischen Dynastie und erhoben einen hohen Offizier aus dem Ritterstand, Maximinus Thrax (der Thraker), zum neuen Imperator. Mit diesem Mord brach für das Reich die unheilvolle Ära der Soldatenkaiser an, die das Imperium für fast 50 Jahre in Chaos und Anarchie stürzen sollte.
235 n. Chr.
Maximinus Thrax wird von den Legionen in Mainz zum ersten Soldatenkaiser ausgerufen. Beginn der s.g. Reichskrise des 3. Jh.
238 n. Chr.
Sechskaiserjahr. Gordian III kann sich schließlich als Kaiser durchsetzen.
244 n. Chr.
Gordian III fällt gegen die Sassaniden. Der neue Kaiser Philippus Arabs beendet den Krieg und gilt bei den Persern fortan als tributpflichtig, verkauft den Frieden in Rom jedoch als Sieg.
248 n. Chr.
Tausendjahrfeier der Stadt Rom. Die Christen erwarten das nahende Ende der Welt. Einem Goteneinfall in Mösien kann General Decius als Kommandant der Donaulegionen Herr werden.
Der tatkräftige und energische Maximinus Thrax konnte den Rheinlimes wieder stabilisieren, aber im Inneren des Römischen Reiches brodelte es. Immer häufiger waren es jetzt Teile der Armee, die revoltierten und in rascher Folge ständig neue Herrscher auf den Schild hoben. Die Soldaten trieb dabei meist die Angst um, nicht ausreichend bezahlt oder im Stich gelassen zu werden, sie verlangten nach Kaisernähe. Fatalerweise erhoben sie darum meist dort, wo die Kriegsgefahr am größten war, besonders in den Lagern an Rhein und Donau und im Osten, eigene Thronkandidaten. Alle diese vom Heer in rascher Folge eingesetzten Soldatenkaiser standen aber vor für sie allein kaum zu bewältigenden Problemen. Sie waren bedroht von ihren eigenen Soldaten, deren Disziplin immer weiter sank und die sie schon bei der geringsten Unzufriedenheit ohne Skrupel absetzten bzw. meist durch Mord beseitigten. Eine weitere große Gefahr waren die Usurpatoren, die von anderen Legionen unterstützt wurden und gegen die fast ständig Krieg geführt werden musste. Zu guter Letzt wurden sie auch von den stets aufmerksamen Barbaren jenseits des Limes bedrängt, die sofort jede innerrömische Auseinandersetzung ausnutzten, um ins Reich einzufallen. Unsicherheit, Abzug der finanzkräftigen Soldaten, barbarische Plünderungen, Inflation durch neue Münzen mit niedrigerem Metallgehalt, Bürgerkriege, Bevölkerungsschwund etc. waren Bestandteil der weitreichenden Krise und bewirkten gerade in Scarbantia einen immer weiter sinkenden Lebensstandard.
238 n. Chr. musste der Senat in Rom nacheinander sechs (!) Kaiser anerkennen. Gordian III (Gordian I & II wurden im Sechskaiserjahr erschlagen) fiel im Kampf gegen die persischen Sassaniden oder wurde von seinem Nachfolger Philippus Arabs umgebracht. Immer mehr Menschen kehrten in dieser Zeit der Krise den alten, verstaubten Göttern den Rücken und wandten sich dem Erlösung versprechenden Christengott zu. Ein Abwenden von den Staatskulten bedeutete aber auch, den Kaisern nicht zu opfern und die Götter, die über den Staat wachten, zu erzürnen. So boten sich die Christen als ideale Sündenböcke an, die als staatszersetzende Bedrohung wahrgenommen wurden. Keine Hungersnöte, Kriege und Katastrophen verstrichen, ohne nicht den Ruf zu hören, die Christen den Löwen vorzuwerfen.
Der Senator Decius bekam 248 n. Chr. vom Kaiser das Kommando der Legionen am Donaulimes übertragen, um einen Einfall des germanischen Stamms der Goten in Moesien abzuwehren. Dies gelang, doch riefen die Legionäre Decius daraufhin zum Kaiser aus. Der Usurpator zog mit seiner Armee nach Italien, um sich Philippus Arabs zu stellen. Dabei ließ er trotz erneut drohender Invasion der Goten unter König Kniva den Limes quasi unbewacht zurück
Rom, das 248 n.Chr. (1001 ab urbe condita, nach der Gründung der Stadt) sein tausendjähriges Bestehen feierte, war in eine tiefe Krise gestürzt und drohte, zwischen seinen eigenen meuternden Generälen, den religiösen Spannungen und den säbelrasselnden Feinden von außen aufgerieben zu werden.
Wir schreiben das Jahr 249 n.Chr., 1002 a.u.c., das Jahr des Konsulats von L. Fulvius Gavius Numisius Aemilianus und L. Naevius Aquilinus und das fünfte Regierungsjahr des Kaisers Philippus Arabs.
249 n. Chr.
General Decius entblößt den Pannonischen Limes und zieht mit den Legionen als Usurpator nach Italien, um den Kaiser Philippus Arabs bei Verona herauszufordern. Der germanische Stamm der Goten unter König Kniva steht bereits säbelrasselnd an der unbewachten Grenze.