Alltag in Scarbantia

Das einfache Leben in der römischen Provinzstadt unterscheidet sich nicht wesentlich von jenem der Hauptstadt. Hier wie dort sieht man fleißig arbeitende Sklaven und Handwerker, den herumlungernden Pöbel und herumziehende Banden. Politiker und Anwälte machen sich am Forum wichtig und auf der Latrine wird Geschäftliches besprochen.

Das öffentliche Leben in Scarbantia findet am Forum statt. Dorthin zieht es unter Tags die Menschen, um ihrer Arbeit nachzugehen oder einfach nur dabei zu sein, wenn Sklaven verkauft und Tempelrituale oder Gerichte abgehalten werden. Zu sehen gibt es dort eigentlich immer was. Die Händler bieten dort ihre Waren feil, und auch die acta diurna (amtliche Tageszeitung) wird hier angeschlagen oder vom Praeco (Herold) wild gestikulierend vorgetragen.

Anrüchiger wird es dann schon in den angrenzenden Gassen, wo die Bandenführer ihr Quartier bezogen haben, man auf Prostituierte trifft und Geldverleiher und andere finstere Gesellen ihren Geschäften nachgehen.

Tagesablauf

Der Tag beginnt für die Römer frühmorgens, wenn die Sklaven für ihre Herrschaft Kleinigkeiten zum Essen und einen Becher warmen, gewässerten Wein besorgen und beim Ankleiden helfen. Dann empfängt man üblicherweise seine Klienten und dankt ihnen die Aufwartung mit kleinen (Geld-) Geschenken, beauftragt sie, entlässt sie in den Tag oder nimmt sie mit zum eigenen Patron, dem man selbst die Aufwartung zu machen und seine Dienste für den Tag anzubieten hat.

Auf diese Weise in den Tag und die Gesellschaft gestartet geht man aufs Forum, wo man Bekannte und Freunde trifft, seiner Arbeit nachgeht oder schaulustig beobachtet, ob ein unterhaltsames Gericht oder Opferritual abgehalten wird.

Mittags verkaufen die Garküchen am Forum Nahrhaftes, und nachmittags müssen viele nicht mehr arbeiten, so dass sie Freunde treffen, die Therme oder ein Schauspiel besuchen können, manchmal finden sogar Gladiatorenkämpfe oder große Riten der Priester statt. Am Abend, wenn die Hauptmahlzeit eingenommen wird, trifft sich oft die ganze Stadt in der Taverne und trinkt ausgelassen noch einen Becher, bevor man sich nicht allzu spät ins Bett legt, wartet doch am nächsten Tag die Arbeit erneut.

Wenn in der Nacht das Forum und die Straßen ausgestorben sind huschen nur noch zwielichtige Gestalten herum. Jene, die etwas zu verbergen haben, was sie nicht bei Tageslicht machen können, wie etwa die Christen, die sich im Geheimen treffen müssen, oder Banditen, um ihren finsteren Geschäften nachzugehen.

Hygiene

Die Römer sind ein reinliches Volk. Das Baden in öffentlichen Bädern hat eine hohe Bedeutung als sozialer Mittelpunkt des Lebens und ist ein fest zum Tagesablauf gehörendes Ritual. Die Therme ist ein Ort der Kommunikation und des Zeitvertreibes: hier trifft man sich, entspannt sich von der Hektik der Stadt und vom Stress des Tages. Es werden zahlreiche Dienstleistungen geboten, wie etwa Massagen, Gymnastikübungen, Maniküre und Schönheitspflege. Der Eintritt ist minimal, so dass ihn sich auch Sklaven leisten können. Für Frauen und Männer gibt es getrennte Badezeiten in der gemeinschaftlich genutzten Anlage.

Betritt man die Therme kommt man zuerst in den Umkleideraum, wo man sich entkleidet und sein Gewand verstaut. Im sudatorium (Schwitzraum) heizt man sich auf, bevor man sich mit kaltem Wasser übergießt. Dann reinigt man sich mit dem strigilis und lässt sich einölen und massieren, bevor man erfrischt im Garten Gymnastikübungen macht. Dabei tragen Frauen oft eine Art Bikini. Üblicherweise besucht man das Bad nachmittags, wo es oft eng und laut wird, so dass sich häufig die Nachbarn über den Krawall beschweren.

Geld

Auch wenn Scarbantia keine Wirtschaftssimulation ist, spielt Geld und der Geldfluss doch eine gewisse Rolle. Viele Scarbantier können sich nur durch Spenden ihrer Patrone oder Politiker über Wasser halten und/oder sind hoch verschuldet. Dazu kommt die drückende Steuerlast, die wegen des Bürgerkriegs nicht weniger geworden ist.

Am gängisten ist das As, eine klobige Kupfermünze. Ebenfalls häufig kommt man mit dem Sestertius aus Bronze oder Messing in Kontakt, während der Denarius aus Silber schon seltener anzutreffen ist. Den Aureus aus Gold haben viele Bewohner der Stadt sogar noch nie aus der Nähe gesehen.

Das As (Kupfer) wird in Scarbantia zum IT-Bezahlen der Speisen benutzt und ist ein Essenscoupon! Es kann jederzeit bei einer Spielleitung OT nachgeholt werden, wenn man IT nicht genug hat. Dadurch wollen wir die (gleiche)  OT-Versorgung aller SpielerInnen unabhängig des Standes gewährleisten, niemand soll sich sein Essen nicht leisten können (außer man will es, dann entscheidet man sich freiwillig dafür).

Bandenwesen

Unübersehbar liegt die wahre Macht in Scarbantia in den Händen der Bandenbosse, die mithilfe ihres collegiums (Bande) die Stadt im Würgegriff halten. Die Banden beziehen sich in ihrer Tradition auf die berühmten Zirkusparteien in Rom, die ebenfalls großen politischen Einfluss haben und sich nach den Farben der im circus maximus antretenden Rennteams benennen. Bis vor wenigen Monaten wurde die Stadt noch vom dominanten collegium veneti beherrscht, den Blauen. Doch deren dux (Anführer) hat Scarbantia verlassen, um General Decius im Krieg gegen Kaiser Philippus Arabs zu unterstützen, wie es hieß. Danach trennten sich seine vicarii (Stellvertreter) im Streit und das collegium zerbrach  in die alten venetoi und die leukoi. Den Streit nutzend traten auch die prasinoi wieder offen auf, so dass diese drei Banden nun um die Vorherrschaft ringen.

Venetoi (die Blauen), einst das dominante collegium. Ihre Macht beruht auf dem Sklavenhandel.

Leukoi (die Weißen), früher verbündet mit den venetoi, nun mit ihnen zerstritten. Ihr Einfluss gründet auf dem Geldverleih.

Prasinoi (die Grünen), lange nur im Untergrund tätig sind sie erneut erstarkt. Ihre wirtschaftliche Basis ist die Spekulation mit Getreide.

Das Münzsystem
Essenscoupon1 As (Kupfer)
Grundwährung ( = 4 Asses)1 Sestertius (Messing)
4 Sestertii =1 Denarius (Silber)
100 Sestertii = 25 Denarii =1 Aureus (Gold)
Preisliste
Brot1 As
Wein1 Sestertius
Rasur2 Sestertii
Thermenbesuch2 Sestertii
Tonschüssel3-5 Sestertii
ProstituerteR>1 Denarius
Abtreibungsmittel1-2 Denarii
Buch (Schriftrolle)1-5 Denarii
Tunika3-4 Denarii
Toga5-50 Denarii
Sklave/Sklavin10 -1000 Aurei

Zeitgeist

Die Römer sind ein stolzes Volk. Dignitas (Ernsthaftigkeit) und gravitas (Würde) bestimmen ihr Leben, wenn sie es sich leisten können, und spiegelt sich auch in den Gesetzen wieder. Ein Bürger darf z.B. nicht öffentlich gezüchtigt werden, kann viele Schuldsprüche mit Geldzahlungen begleichen und wird mit dem Schwert hingerichtet, nicht am Kreuz oder in der Arena (im Gegensatz zu Sklaven oder Ausländern).

Auch wenn sich die Römer bemühen Ernsthaftigkeit und Würde zu leben, können sie doch bei passender Gelegenheit derb und grobschlächtig sein. Man kann einerseits die zarten, einer Lyra entlockten Töne loben, während man gleich daraufhin eine Witzfigur verspottet oder einem Gegner als Reaktion auf Kränkungen den digitus impudicus (Mittelfinger) entgegengestreckt. Auch hätten die Männer gerne, dass sich ihre Frauen brav und unterwürfig zeigen, was nur allzu oft nicht der Realität entspricht.

Die Frau ist nominell dem Manne untertan. In der Realität sieht die Sache natürlich anders aus, doch müssen Frauen für ihre persönlichen Rechte kämpfen und geschickt taktieren, um Wege einschlagen zu können, die für Männer ausgelegt sind.

Ein Römer wäre nicht im modernen Sinn prüde und schamhaft. Körperlichkeit und Nacktheit gilt nicht automatisch als teuflisch (außer vielleicht bei den Christen), im Gegenteil ist ein gesunder Körper schön und erstrebenswert (mens sana in corpore sano). Es schmücken positiv konnotierte omnipräsente Phallussymbole Hauswände und Amulette, Sexszenen werden als Innendekor in die Häuser und Bordelle gemalt.

Kein Mensch ist von Geburt an dem anderen gleich, es gelten keine allgemeinen Menschenrechte. Der Wert eines Sklaven kann in Geld bemessen werden, während der Kaiser vergöttlicht wird. Ein toter Sklave auf den Straßen der Stadt wird allerhöchstens die Bestattungssklaven ärgern, weil sie mehr zu tun haben. Ein toter Bürger ruft schon die lauten Klageweiber auf den Plan, und ein iudex (Richter) wird der Sache vielleicht nachgehen, wenn es seine Zeit erlaubt. Wird ein Würdenträger ermordet, kann es schon zu Ausschreitungen kommen, denn solche Verbrechen haben oft politische Hintergründe, und da hält der Pöbel zu seinen Lieblingen. Ein Mensch wird das, wozu er geboren wurde, soll heißen, was sein Vater gemacht hat. Wenn man Sohn eines Sklaven ist wird man sich auf ein womöglich hartes, zumindest aber unfreies Leben vorbereiten müssen. Handwerker lernen von ihren Vätern, und Politiker schanzen ihren Sprösslingen wichtige Ämter zu. Das man sich gegen sein Schicksal nicht auflehnen soll lehren schon die ältesten Sagen. Natürlich bedeutet das nicht, dass man seinen Status nicht zum besseren oder schlechteren wenden kann. Sklaven werden freigelassen, Adelige verarmen. Hat man etwas zu sagen, bevorzugt man seine Klinenten und Günstlinge, die einem dafür einen Gefallen schuldig sind. Einfaches System.

Männliche Tugenden wie Ehre, Stärke, Genügsamkeit und Disziplin werden hochgehalten, übertriebener Luxus als verweichlicht abgetan, wobei man ihm trotzdem fröhnt. Körperliche Tüchtigung genießt den gleichen Stellenwert wie Geistige, und natürlich achtet man auch ein gesundes Maß an Körperpflege quer durch die Gesellschaftsschichten.

Sprache

In Scarbantia spricht man natürlich Latein, das in unserem Larp durch die deutsche Sprache dargestellt wird.

Trotzdem kommt es ganz gut, wenn man gelegentlich die eine oder andere lateinische Phrase einstreut, die gibt es schließlich wie Sand am Meer. Es kommt gut, wenn man salvete statt “Ich Grüße euch” sagt, oder vale statt “Tschüss”.

Um eine Sprachbarriere darstellen zu können gilt Englisch im Spiel als Germanisch, was von den Stämmen jenseits der Donau gesprochen wird.

Auch wichtig: Man duzt sich. Egal wie niedrig der eigene Stand ist und egal wie hoch der Stand dessen, den man ansprechen möchte, man sagt immer „Du“, es existiert keine “höfliche Anrede” in Form von Siezen, Ihrzen oder Euchzen.
Sklaven und Soldaten können als Anrede für Freie oder Vorgesetzte auch „Dominus“ (Herr) oder „Domina“ (Herrin) verwenden.
Höflichkeiten (Bitte, Danke) sind nur gegenüber jenen desselben oder höheren Standes angebracht. Einen Sklaven bittet man genau so wenig wie ein Centurio einen Legionär bittet, etwas zu tun.

Essgewohnheiten

Die römische Küche kennt nichts, was aus Übersee zu uns gekommen ist (z.B. Tomaten, Kartoffeln, Paprika, Schokolade, Mais…), hat aber trotzdem vieles zu bieten. Gewürzt wird häufig mit garum, einer salzig und umami schmeckenden fermentierten Fischsauce, weil Salz selbst teuer ist.
Kaffee und Schokolade wird es in den OT-Zonen geben, vegetarische und vegane Gerichte werden ohne Fischsauce zubereitet!

Viele Menschen wohnen in kleinen Zimmern in Mietskasernen (insulae) und haben keine eigene Küche, daher kaufen sie ihr Essen in kleinen Garküchen, die am Forum zu finden sind und als Mittelpunkt von Klatsch und Tratsch gelten.

Die Hauptmahlzeit (cena) nehmen die Römer abends ein, wenn möglich im Kreis der Familie oder in der Taverne. Dem Frühstück wird keine hohe Bedeutung zugestanden, oft trinkt man nur warmen gewässerten Wein und Brot, aber auch pulsum (Porridge) mit Früchten ist beliebt. Zu Mittag sieht man zu, noch etwas von den Köstlichkeiten der Garküchen zu bekommen, die man dann meist ungezwungen am Forum verspeist.

Das Hauptgetränk neben Wasser ist Wein, der jedoch nie unverdünnt getrunken wird (was barbarisch wäre). Besonderer Beliebtheit erfreut sich der gesüßte Gewürzwein (conditum paradoxum). Einfacher und antialkoholisch ist posca, bei dem Wasser mit einem Schuss Essig aromatisiert wird.

Auswahl lateinischer Phrasen
Ad fonteszu den Quellen/nachforschen
Bene sit tibiGuten Appetit
Cui bono?wem nützt es?
GaudiumSpaß/Freude
Gratias tibi agoDanke
Mea culpaMeine Schuld
Nunc est bibendumNun muss getrunken werden
Auswahl lateinischer Phrasen
O tempora, o moresOh Zeiten, oh Sitten
Quo vadis?Wohin gehst du?
Salve/SalveteIch grüße dich/euch
Sic (est)So ist es/Ja
Vade me cum Gehe mit mir
Vade retroWeiche/gehe zurück
Vale/ValeteAuf Wiedersehen (Sg./Pl.)
VivatEr/Sie lebe hoch